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Free University of Bozen-Bolzano

Linguistics Computer science Artificial intelligence Event

NLP-Expertin mit Wurzeln an unibz

Eine der ersten Bozner Informatikabsolventinnen forscht heute an der LMU in einem boomenden Feld der KI. Ende November saß Barbara Plank als Expertin am Podium ihrer Alma Mater.

By Susanne Pitro

Frau in grünem Blazer mit Mikrofon in der Hand
unibz-Alumna Barbara Plank: Als Professorin für Künstliche Intelligenz und Computerlinguistik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) eine der gefragten Experinnen rund um den Hype um Natural Language Processing.

„Hello, who’s speaking?“: Unter diesem Titel fand Ende November eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Menschliche oder Künstliche Sprachen“ am Campus Bozen Zentrum statt. Am prominent besetzten Podium saß auch eine Alumna der unibz: die gebürtige Vahrnerin Barbara Plank. Die Informatikabsolventin der unibz ist heute Inhaberin des Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz und Computerlinguistik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) sowie Co-Direktorin des dortigen Center for Information and Language Processing. Damit ist Plank mit ihrer Forschung mittendrin im Hype um Natural Language Processing (NLP), der mit dem Launch des Sprachverarbeitungsmodells ChatGTP vor zwei Jahren losgebrochen ist. „Selbst unsere Community ist davon überrollt worden“, räumt die KI-Expertin ein. „Nicht weil die Technologie selbst so neu war, aber keiner hatte sich bis dahin vorstellen können, dass sie so einfach einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden kann.“ 

Liebe auf den ersten Blick

Für sie selbst war die Computerlinguistik so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Schon bei ihrem Informatikstudium an der unibz – das sie übrigens im Jahr 2002 im zweiten Studienjahr nach der Gründung der Informatikfakultät begonnen hatte – war sie „ihrem Herzen gefolgt“, wie Plank es beschreibt. Als Absolventin einer Wirtschaftsoberschule stand auch ein Wirtschaftsstudium in engerer Auswahl. Doch bereits als junge Schülerin hatte sie eine Passion für Computer entwickelt. „Mein Vater hatte mir damals ein altes MS-DOS-Gerät geschenkt, und von dem Moment an war ich von der Welt der Computer fasziniert.“  An der damals noch frischgegründeten Bozner Informatikfakultät konnte sie erstmal richtig darin eintauchen. Bis heute denkt sie gerne an das familiäre Klima ihrer ersten Studienjahre zurück. „Kleine Universitäten haben durchaus ihre Vorteile, vor allem wenn sie mit so viel Diversität und Mehrsprachigkeit verbunden sind wie die unibz“, sagt Plank.

Als sie dann im dritten Jahr ihres Bachelors an der unibz in einem Wahlfach die Computerlinguistik entdeckte, wusste sie sofort: Das ist mein Ding. „Natural Language Processing unterschied sich von den Problemstellungen, mit denen ich bis dahin in meinem Informatikstudium konfrontiert worden war. All die Eigenheiten von Sprache, die vielen unterschiedlichen Arten sich auszudrücken, mit Algorithmen einzufangen – das hat mich wirklich begeistert.“ Barbara Plank entschied sich, einen European Master in Language and Information Technologies zu absolvieren, der sie im zweiten Jahr ihres Masterstudiums nach Holland brachte, bereits damals eines der europäischen Zentren für diesen Forschungszweig der Informatik. Auf den Masterabschluss in Amsterdam folgten ein Doktorat im holländischen Groningen und ihre erste Professur an der University of Copenhagen. Im April 2022, also im „Geburtsjahr“ von Chat GPT, wurde die Südtirolerin schließlich an die LMU berufen, wo sie nun nicht zuletzt ihrem „Zuhause näher ist“, wie sie sagt.

Von der symbolischen KI zu Deep Learning

Bei aller Leidenschaft für ihr Fachgebiet, hätte sich Barbara Plank nie vorstellen können, dass es einmal so im Mittelpunkt des Interesses stehen würde – sei es von Seiten der Öffentlichkeit wie der Forschungscommunity. „Ich hatte tatsächlich lange Probleme, Menschen verständlich zu machen, woran ich arbeite“, sagt die Professorin und lacht. Vor allem aber hatte sie die Chance, hautnah einer – digitalen – Revolution beizuwohnen. In den Anfängen ihrer Forschung ging es noch darum, Computern die Grammatik der menschlichen Sprache wie Schülerinnen in der Oberschule beizubringen. Denn in der sogenannten symbolischen KI lernen Maschinen über Regeln – in diesem Fall über Grammatikregeln. Wie wird eine Satzstruktur analysiert, wo steht das Subjekt: all das wurde über Algorithmen „gelernt“. In der darauffolgenden Phase standen statistische Modelle im Vordergrund, die auf Basis einer großen Menge an Textdaten erstellt wurden, dank denen die KI die Regeln selbst erkennen konnte. „Mit neuronalen Netzwerken und dem sogenannten Deep Learning brach dann eine dritte Epoche an, in der es selbst uns immer wieder überrascht, wo Large Language Models überall angewandt werden können“, so Plank. Mittlerweile würden auch viele weitere Fachgebiete der Informatik auf die Computerlinguistik schauen. Von der Computer Vision, also der Generierung von Bildern, bis zu Algorithmen für selbstfahrende Autos – überall brauche es Sprache. „Dementsprechend erhalten wir aktuell extrem viele Anfragen für wirklich coole Projekte“, erzählt die Professorin.

Auch sie selbst findet, dass die Fähigkeit dieser Modelle, die menschliche Sprache zu verstehen und zu generieren, Text zu analysieren und zu verstehen, und vor allem kohärente Antworten zu generieren und sprachbezogene Aufgaben auszuführen, heute „extrem gut“ ist. „Doch es fehlt ihnen noch der Feinschliff, da gibt es schon noch einiges zu tun.“ In ihrer Forschung an der LMU legt die unibz-Alumna den Schwerpunkt darauf, die Technologien inklusiver und zuverlässiger zu machen.  Neben der sogenannten Trustworthiness, mit denen die künstlichen Sprachmodelle robuster gemacht und noch besser an die Bedürfnisse von Menschen angepasst werden sollen, geht es ihr beispielsweise auch darum, Dialekte bei dieser digitalen Revolution nicht unter die Räder kommen zu lassen. Bayerisch wird in einem ihrer Projekt bereits inkludiert – künftig möchte die Vahrnerin auch mit Linguistik-Kolleg:innen der unibz die Südtiroler Varietät in ihre Forschung miteinbeziehen. Interdisziplinarität ist in ihrem Fach ohnehin eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. „Je mehr Perspektiven bei der Entwicklung solcher Technologien eingebracht werden, desto besser werden sie.“

Minderheit in zweifacher Hinsicht

Als Südtirolerin und Frau in einem immer noch sehr männlich besetzten Forschungsfeld hat Barbara Plank aber auch eine hohe Sensibilität für das Thema Minderheiten. „Ich bin schließlich gleich in zweifacher Hinsicht eine Minderheit“, sagt sie. In vielen Situationen sei sie immer noch die einzige Frau in Teams oder Sitzungen; der Frauenanteil in der Computerlinguistik betrage zwar rund 30 Prozent, aber stagniere dort seit Jahrzehnten. Umso wichtiger ist es ihr, Diversität und Fairness zu fördern, wo immer es möglich ist und sich in Frauennetzwerken gegenseitig zu unterstützen. „Wir brauche weibliche Rollenmodelle, die der nächste Generation zeigen, dass Frauen die Entwicklung der künstlichen Intelligenz mitprägen können.“