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Free University of Bozen-Bolzano

Sprachliche Vielfalt in der Klasse? Reden wir darüber!

Mit zwei World-Cafés in der Akademie Meran wollen Forschende, Schul- und Kindergartenpersonal sowie Familien gemeinsam Impulse setzen. Co-Initiatorin Prof.in Andrea Abel erklärt, warum.

By Susanne Pitro

Armen und Hände von Jugendlichen verschiedener Hautfarbe, die ihr Fäuste zusammenstecken.
Wie können die vielen Sprachen im Land im Bildungssystem gefördert und inklusive, gewinnbringende Perspektiven für alle geschaffen werden? Foto: Unsplash | Zacqueline Baldwin

Eine Sprache – viele Sprachen: Unter diesem Titel finden am 1. und 8. Oktober in Meran zwei Veranstaltungen statt, die Raum für einen gemeinsamen Austausch zu einem brennenden gesellschaftlichen Thema eröffnen wollen. Die zentrale Frage: Wie können die vielen Sprachen im Land im Bildungssystem – vom Kindergarten bis zur Oberschule – gefördert und inklusive, gewinnbringende Perspektiven für alle geschaffen werden? Im Format von World-Cafés können sich Forschende, Lehr- und Schulführungskräfte, aber auch Eltern und alle Interessierten zu bestehenden Herausforderungen austauschen und vor allem Impulse und neue Ideen für Unterricht, Sprachpolitik und das Schulsystem einbringen. Prof.in Andrea Abel ist eine der Vertreterinnen der dahinterstehenden Arbeitsgruppe aus Forschenden der unibz und Eurac Research, Lehrpersonen, einem Schuldirektor sowie Vertreter:innen der Sprachenzentren der Provinz Bozen.

Prof.in Abel, was war der Impuls für diese Initiative?

Andrea Abel: Hintergrund ist die große mediale Auseinandersetzung, die es vergangenen Herbst um die – letztendlich zurückgenommene – Entscheidung der Bozner Grundschule Goethe gab, eine separate Beschulung für Kinder mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen einzuführen. Darin wurden extrem viele unterschiedliche und auch polarisierte Positionen deutlich. Doch es gab auch einen gemeinsamen Nenner: den Wunsch nach Bildungsgerechtigkeit.

Wie diese garantiert werden kann, ist aber immer noch umstritten?

Einen großen Reibungspunkt gibt es vor allem in der Interpretation, wer das Opfer ist, wer benachteiligt ist. Sind es die Kinder mit wenig Sprachkompetenzen in der Unterrichtssprache Deutsch? Sind es die deutschsprachigen Kinder, die – wie es die Berichterstattung der lokalen Presse nahe legt, zu wenig lernen? Und es gibt noch viele offene Fragen: Wie ist Minderheitenschutz mit der zunehmenden sprachlichen Vielfalt in den Klassen vereinbar? Geht es wirklich nur um sprachliche Probleme oder vielmehr um soziale Probleme? Über all das wollen wir in diesen beiden Veranstaltungen diskutieren und dabei möglichst viele Perspektiven einbringen.

Die Abende werden in Form von World-Cafés stattfinden …

Das ermöglicht uns, in kleineren Gruppen auf unterschiedliche Aspekte des Themas einzugehen. Die Personen bewegen sich von Tisch zu Tisch, und eine Moderatorin und ein Moderator an jedem Tisch kann die bisher vorgebrachten Positionen für jede neue Gruppe zusammenfassen, um sie dann weiterzuentwickeln.

Können Sie schon eine Vorstellung davon geben, was an den einzelnen Tischen diskutiert wird?

Der rote Faden wird das Thema Bildungsgerechtigkeit sein, für die alle eintreten. Und dann soll unter anderem beleuchtet werden, inwiefern tatsächlich Sprachen die Ursache für Bildungsungleichheiten sind, oder welche anderen Faktoren dazu beitragen. Wir wollen diskutieren, wer für die Gestaltung sprachlicher Vielfalt verantwortlich ist und welche Allianzen wir schließen können, um die einzelnen Akteure noch besser zu unterstützen. Eine weitere große wichtige Frage: Steht der traditionelle Minderheitenschutz am Ende im Widerspruch zum Umgang mit sprachlicher Diversität und wie können Minderheitensprachen im Kontext sprachlicher Vielfalt erhalten und gefördert werden? Und natürlich auch: Welche erfolgreichen schulischen und außerschulischen Praktiken im Umgang mit Mehrsprachigkeit gibt es bereits?

Sowohl die Sprachforschung als auch die Inklusionsforschung können wichtige Inputs für den täglichen Umgang mit sprachlicher Vielfalt in Bildungseinrichtungen geben. Haben Sie das Gefühl, dass diese auch tatsächlich in der Praxis ankommen?

Mein Eindruck ist, dass der Austausch zwischen Wissenschaft und Schulwelt seit einigen Jahren immer besser funktioniert und es auch eine zunehmende gegenseitige Anerkennung gibt. Wir haben gelernt, unsere gegenseitigen Bedürfnisse besser zu verstehen, da hat sich sehr viel getan. Die Bildungswelt weiß heute, dass Forschung auch Zeit braucht, und in der Wissenschaft haben wir ein bisschen besser verstanden, wie wir die Schule als Partner einbeziehen können und wie wir dafür beispielsweise schwierige Konzepte herunterbrechen müssen. Also, wir haben schon viel voneinander gelernt. Doch Luft nach oben gibt es natürlich immer – und die beiden kommenden Veranstaltungen sind eine gute Gelegenheit, dieses Potenzial weiter auszuschöpfen.

Alle Infos und Anmeldung hier. 

Beitrag nur auf Deutsch verfügbar

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