Fleischkonsum und Gästezufriedenheit: Weniger ist mehr

Nachhaltigkeit und bewusster Fleischkonsum gewinnen auch im Tourismus zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel, wie sich nachhaltige Ziele mit der Gästezufriedenheit verbinden lassen, liefert eine Studie an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen aus einem Südtiroler Hotelrestaurant. Der Hotelmanager Lukas Brunner untersuchte im Rahmen seiner Masterarbeit im Restaurant seines Hotels, ob es möglich ist, die Fleischportionen zu reduzieren und gleichzeitig die Beilagenportionen zu erhöhen – ohne negative Auswirkungen auf die Zufriedenheit seiner Gäste.
In einer vierwöchigen Studienphase wurden jeweils knapp 1.000 Fleischgerichte analysiert – sowohl in der zweiwöchigen Kontrollphase als auch in der zweiwöchigen Experimentalphase. Die Fleischportionen wurden im Durchschnitt um 30 Gramm – von 140 auf 110 Gramm – reduziert. Gleichzeitig wurde die Beilagenmenge von 140 g auf 160 Gramm erhöht. Im Fokus des Experiments standen die Gästezufriedenheit und die Menge der Tellerreste. Die Studie berücksichtigte mehrtägige Aufenthalte der Gäste, um zu prüfen, ob Personen, die an einem Tag eine kleinere Fleischportion erhielten, ihren Fleischkonsum bei nachfolgenden Mahlzeiten erhöhten. Bei ihrer Abreise wurden die Gäste zu ihrer Zufriedenheit befragt.
Das Ergebnis: Kleine Veränderungen auf dem Teller können große Wirkungen haben – für Umwelt, Gäste und Hoteliers gleichermaßen. Die Zufriedenheit der Gäste blieb konstant hoch. Es gab keine Anzeichen für ein Kompensationsverhalten, etwa durch die Bestellung größerer Fleischportionen oder die vermehrte Wahl von Fleischgerichten anstelle vegetarischer Alternativen an den Folgetagen. Auch die Menge der Tellerreste blieb gleich – ein deutliches Zeichen dafür, dass die neue Portionsstruktur von den Gästen gut angenommen wurde. Die Befürchtung, dass größere Mengen an Beilagen ungenutzt auf den Tellern zurückbleiben würden, bestätigte sich nicht.
Diese Ergebnisse belegen, dass eine moderate Reduzierung der Fleischmenge bei gleichzeitiger Erhöhung und attraktiver Gestaltung der Beilagen nicht als Verzicht empfunden wird. Vielmehr nutzen Gäste implizit den sogenannten Hinweischarakter der Portionsgrößen: Was auf dem Teller liegt, wird in der Regel als angemessene Menge akzeptiert. Dieser subtile „Schubser“ in die richtige Richtung, auch Nudging genannt, setzt auf eine Verhaltensänderung ohne Zwang und gilt in der Ernährungsforschung als vielversprechender Ansatz für mehr Nachhaltigkeit.
„Im Kontext der Hotellerie und Gastronomie führt das zu einer echten Win-Win-Win-Situation“, erklärt Isabel Schäufele-Elbers, die Betreuerin der Masterarbeit von Lukas Brunner. „Für die Umwelt, weil weniger Fleischkonsum den CO₂-Fußabdruck reduziert – insbesondere bei Rindfleisch. Für den Gast, der sich durch einen höheren Gemüseanteil gesünder ernährt. Und für den Hotelier, der durch geringere Fleischmengen wirtschaftlich flexibler wird und zum Beispiel verstärkt auf regionales oder Bio-Fleisch setzen kann.“
Gerade in Regionen wie Südtirol, die für ihre hohe Qualität und Regionalität bekannt sind, eröffnet sich dadurch eine interessante Perspektive. Denn wenn qualitativ hochwertiges Fleisch angeboten wird – möglichst aus biologischer und regionaler Produktion – kann eine leicht reduzierte Portionsgröße bei Fleisch durchaus als nachhaltige Entscheidung und nicht als Einschränkung kommuniziert werden.
Langfristig könnte dieser Ansatz auch mit einer Aufwertung der vegetarischen Küche einhergehen: Kreative Beilagen und attraktive vegetarische Alternativen könnten dazu beitragen, den Fleischkonsum zu reduzieren und nachhaltige Gastronomie im Tourismus zu fördern.
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