Win-Win für Betriebe und Universität
Von Susanne Pitro

Herr Prof. Gamper, nach der Premiere im Jahre 2019 gibt es Ende September die zweite Ausgabe des Industry Day. Was erwartet die Teilnehmenden dieser Veranstaltung?
Johann Gamper: Ein Nachmittag mit Führungskräften vieler bekannten Südtiroler Unternehmen und Forschungsteams sowie Studierenden und Absolvent:innen unserer fünf Fakultäten, an dem insgesamt neun gemeinsame Forschungsprojekte sowie mehrere Praktikumserfahrungen vorgestellt werden. Damit erhalten alle Interessierten in kurzer Zeit einen konkreten Einblick, auf welch unterschiedliche Arten Betriebe von einer Universität profitieren können.
Im Fachjargon wird dieser Wissenstransfer von Universitäten an Wirtschaft und Gesellschaft Third Mission, zu Deutsch „Dritte Mission“, genannt. Wie viel Bewusstsein gibt es Ihrer Erfahrung nach in Südtirols Wirtschaft für die Möglichkeiten, die eine Universität für das eigene Unternehmen bietet?
Johann Gamper: Der Auftrag von Universitäten, Wissen für die Gesellschaft verfügbar zu machen und dadurch zur Entwicklung des Territoriums beizutragen, ist noch relativ jung. Er hat sich in den vergangenen Jahrzehnten neben Lehre und Forschung als dritte Säule von Universitäten etabliert. Als junge Universität in einem ländlichen Raum ist uns die Wichtigkeit dieser Aufgabe sehr bewusst. Vor allem unser scheidender Rektor, Prof. Paolo Lugli, hat stark auf den Ausbau der Kooperationen mit der regionalen Wirtschaft gesetzt. Wie sich auch beim Industry Day 2024 zeigen wird, gibt es heute – auch dank der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Unternehmerverband – wirklich tolle Beispiele der Zusammenarbeit. Aber ich denke, es besteht auf beiden Seiten nach wie vor Luft nach oben. Und gerade jenseits großer und forschungsstarker Betriebe ist sicher noch zu wenig bekannt, welches Potenzial eine Universität vor Ort für die Entwicklung von kleinen und mittleren Betrieben haben kann.
Können Sie bereits vor dem Industry Day einen Vorgeschmack darauf geben?
Unser wichtigster Beitrag für die Region ist sicherlich nach wie vor die Ausbildung junger Menschen, die ihre Qualifikationen und Kompetenzen in Unternehmen einbringen. Gerade weil wir immer wieder erleben, dass Unternehmen unsicher sind, welche Aufgaben sich für Praktika von Studierenden eignen, bringen wir zur Veranschaulichung im Rahmen des Industry Day konkrete Beispiele. Wenn es um Forschungsprojekte geht, ist Betrieben dagegen oft noch nicht ausreichend bewusst, welch interessante Finanzierungsmöglichkeiten eine Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen eröffnen kann und was der Mehrwert dieser Zusammenarbeit sein kann.
Haben Sie Beispiele?
Eine wichtige Finanzierungsquelle für gemeinsame Forschungsprojekte von Universitäten und Unternehmen sind die Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE); interessante Möglichkeiten eröffnen auch der von der Stiftung Südtiroler Sparkasse finanzierte Wettbewerb Fusion Grant oder das Landesgesetz 14/2006 „Forschung und Innovation“, dessen Fördermittel auch für gemeinsame Forschungsprojekte mit unserer Universität eingesetzt werden können. Abseits dieser Fördermöglichkeiten gibt es an der unibz die Möglichkeit, wie an anderen Universitäten in ganz Europa, Verträge für Auftragsforschung mit Professorinnen und Professoren abzuschließen.
Neun solcher Forschungsprojekte werden nun am 26. September vorgestellt. Gibt es Forschungsbereiche, in denen es eine besonders enge Kooperation mit Unternehmen gibt?
Viele der gemeinsamen Initiativen sind technologieorientiert. Eine Tendenz, die durch unsere neue Fakultät für Ingenieurwesen verstärkt wird, da die Forschung in Bereichen wie Ingenieurwissenschaften, Robotik und Informatik nun noch enger zusammengerückt ist. Doch wir zeigen am Industry Day auch Projekte aus den Bereichen Agrar, Wirtschaft und Bildungswissenschaften. Beispielsweise in einer Kooperation mit der A22, in der die gesellschaftlichen Auswirkungen von nachhaltiger Mobilität mittels Wasserstoff auf die Provinzen Bozen und Trient untersucht werden. Insgesamt geben die vorgestellten Projekte einen guten Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten und Bereiche, in denen eine Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen möglich und für beide Seiten gewinnbringend ist.
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