Wie Kindheitspädagogik die Zukunft mitgestalten kann
By Rosmarie Hagleitner

Diese Woche findet an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen die Jahrestagung der Kommission Pädagogik der frühen Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft statt. Im Zentrum der Tagung steht das hochaktuelle Thema „Globale Krisen und Pädagogik der frühen Kindheit“. Unter der Leitung von Iris Nentwig-Gesemann, Professorin für Frühpädagogik an der unibz, diskutieren Fachleute aus Wissenschaft und Praxis über die Rolle der frühen Bildung in einer von globalen Krisen geprägten Gesellschaft.
Die Welt ist mit großen Herausforderungen konfrontiert: Klimawandel, soziale Ungleichheit, politische Unsicherheit, Kriege, Fluchtbewegungen und die Folgen der COVID-19-Pandemie. Angesichts dieser Krisen rückt die Verantwortung von Erziehung und Bildung zunehmend in den Fokus. Die Vereinten Nationen haben in ihrer Agenda 2030 gefordert, allen Lernenden die notwendigen Kompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung zu vermitteln. Das beginnt bereits in der frühen Kindheit – dort, wo die Grundlagen für Werte, soziale Kompetenzen und ein nachhaltiges Denken gelegt werden. „Unsere Aufgabe als Pädagog:innen ist es, bereits im Kindergarten mit den jungen Kindern und ihren Familien auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren“, sagt Iris Nentwig-Gesemann, Professorin für Frühpädagogik an der unibz und Organisatorin der Veranstaltung. „Es ist unsere Aufgabe, demokratische, nachhaltig denkende und resiliente Persönlichkeiten fördern, mit einem Verantwortungsbewusstsein für das große Ganze“.
Die Tagung in Brixen versteht sich als Plattform, die dazu einlädt, das Thema nicht nur fachdisziplinär zu reflektieren, sondern auch dafür zu nutzen, eine international vergleichende Perspektive einzunehmen. Mehr als 180 Forschende und Pädagog:innen aus Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz und Luxemburg werden unter anderem darüber diskutieren, wie Bildung im Anthropozän gestaltet werden muss, um Kinder auf eine Zukunft voller Herausforderungen vorzubereiten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Beziehung von Kindern zur Natur: Wie können Kinder lernen, verantwortungsvoll mit ihrer Umwelt umzugehen? Welche Rolle spielen Tiere, Pflanzen und Draußen-Räume in der frühkindlichen Bildung?
Nach der Eröffnungs-Keynote von Prof. Dr. Christoph Wulf, einem international renommierten Experten für Bildungsforschung bieten zahlreiche Panels Einblicke in aktuelle Forschungsarbeiten. Themen sind unter anderem die Beziehung von Kindern zur Natur, Bildung und Erziehung für eine nachhaltig Entwicklung, Demokratieerziehung und soziale Ungleichheit. Ein wiederkehrendes Motiv ist die Frage, wie Kinder lernen können, respektvoll mit ihrer Umwelt umzugehen – sowohl mit anderen Menschen als auch mit Tieren, Pflanzen und ihrer natürlichen Umgebung. Ein weiteres zentrales Thema ist die Rolle der Pädagogik im Kampf gegen Demokratiefeindlichkeit und soziale Ungleichheit. Wie können Fachkräfte in Kindergärten und Vorschulen dazu beitragen, dass Kinder frühzeitig demokratische Werte verinnerlichen?
Diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen stellt Nentwig-Gesemann eine gesellschaftliche Dimension zur Seite. Sie betont, dass die Tagung weit mehr ist als eine rein wissenschaftliche Debatte. „Sie ist auch ein Zeichen der Anerkennung für die wichtige und anspruchsvolle Arbeit der Pädagog:innen, die Kinder in ihrer frühen Entwicklung begleiten und damit auch eine wesentliche Arbeit für die Gesellschaft leisten“. Ein zentrales Anliegen sei es daher, die Bedeutung der pädagogischen Arbeit in den Kindergären, auch in Südtirol, stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Die Frühpädagogik ist ein entscheidender Faktor für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft. Sie kann dazu beitragen, dass Kinder von klein auf Werte wie Demokratie, Nachhaltigkeit und Resilienz verinnerlichen. Bildung beginnt nicht erst in der Schule – sie beginnt in der frühen Kindheit und prägt unsere Gesellschaft für kommende Generationen.
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