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Verhaltensanreize für weniger Fleischkonsum

Wie wirkungsvoll sind Nudging-Strategien zur Reduzierung des Fleischkonsums in der Gastronomie? Neue Meta-Analyse liefert Evidenz zur Wirkung von Nudging-Interventionen.
Foto: Julia Zyablova (unsplash)
Foto: Julia Zyablova (unsplash)

Eine fleischarme Ernährung wird heute aus ökologischer wie gesundheitlicher Sicht als Ideal betrachtet. Doch wie kann man möglichst viele Menschen davon überzeugen? Als vielversprechende Maßnahme gilt Nudging, also Stupser oder kleine Anstöße, mit denen das Verhalten von Menschen in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Ein Forschungsteam um Isabel Schäufele-Elbers von der unibz sowie Prof. Michael Bosnjak von der Universität Trier hat sämtliche bisher vorliegenden internationalen Studien zu diesem Thema ausgewertet. Ziel war es, einen umfassenden Überblick darüber zu gewinnen, wie wirksam verschiedene Maßnahmen sind – und ihre Effekte erstmals systematisch zu quantifizieren.

Insgesamt wurden dafür 33 Studien zusammengefasst, die jeweils auf Feldexperimenten mit insgesamt 78 unterschiedlichen Wirkungsmaßnahmen beruhten. Die Ergebnisse auf den Punkt gebracht: Nudging-Strategien können ein sehr wirkungsvolles Instrument sein, um den Fleischkonsum zu reduzieren, sind es aber bei weitem nicht immer. Die Effekte der unterschiedlichen Maßnahmen reichten von einer Verringerung des Fleischkonsums um 50 Prozent bis hin zu einem Anstieg um 28 Prozent. Dieser „Backfire“-Effekt wurde bei immerhin 30 Prozent der Interventionen festgestellt. „Eine solche Reaktanz tritt vor allem auf, wenn Menschen wiederholt denselben Nudge sehen”, sagt die Forscherin Isabel Schäufele-Elbers. „Dadurch können sie sich in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt fühlen und dann aus Trotz das Gegenteil von dem tun, was beabsichtigt war – wie etwa extra Fleisch zu bestellen.”

Isabel Schäufele-Elbers. Foto: unibz
Isabel Schäufele-Elbers. Foto: unibz

So heterogen die Ergebnisse auch sind, so deutlich zeigen sie, welche Art von Nudging-Strategien wirkungsvoll sind. So gut wie alle deutlichen Reduktionen des Fleischkonsums seien mit Eingriffen in die Entscheidungsstruktur von Konsumentinnen und Konsumenten erreicht worden, sagt Schäufele-Elbers. „Das heißt, wenn es Menschen leichter gemacht wird, eine vegetarische Speise zu wählen – weil es beispielsweise einen entsprechenden Tagesteller gibt, die vegetarischen Gerichte auf der Speisekarte als erstes angeführt werden oder zum Beispiel Fleisch extra zu einem Gericht dazu bestellt werden muss“, so die Forscherin der unibz. In solchen Fällen ging der Fleischkonsum in Mensen oder Restaurants teils auch bis um mehr als die Hälfte zurück. Wenig bis gar keine Wirkung hätten hingegen Interventionen, die lediglich Informationen bereitstellen, wie beispielsweise Hinweise auf die CO2-Emissionen von Fleischkonsum.

Der Überblick über den aktuellen Wissensstand zur Wirkung von Nudging-Strategien zu Reduzierung des Fleischkonsums kann laut Isabel Schäufele-Elbers nicht nur interessierten Gastronomiebetrieben wertvolle Hinweise liefern. Auch Forschenden, die wie sie zu diesem Schwerpunkt arbeiten, gibt die Meta-Studie die Richtung vor, in die sich Forschungsprojekte künftig bewegen sollten. „Wir brauchen sicherlich noch mehr Evidenz aus der Hotellerie, da sich viele bestehende Studien auf Mensen konzentrierten. Und es braucht noch mehr Informationen zu den Testpersonen, um genauer zu verstehen, wie individuelle Werte oder Einstellungen und soziodemografische Faktoren den Erfolg von Nudges beeinflussen“, so Forscherin Schäufele-Elbers. Je besser all diese Feinheiten erforscht sind, desto wirkungsvollere Strategien könnten entwickelt werden, um einen konkreten Beitrag zu nachhaltigeren und gesünderen Ernährungsweisen zu liefern.

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